Urlaub für die Pflege

Seit Juli 2008 haben Beschäftigte die Möglichkeit, sich für die Dauer von bis zu sechs Monaten von der Arbeit befreien zu lassen, um einen nahen Angehörigen zu pflegen. Diese Möglichkeit wurde im Rahmen der Pflegereform – Pflege-Weiterentwicklungsgesetz – eingeführt und im Pflegezeitgesetz (kurz: PflegeZG) geregelt. Im Rahmen der Pflegezeit kann sich also ein Beschäftigter für eine längere Pflege entweder vollständig, aber auch teilweise, von der Arbeit befreien lassen.

Anspruchsvoraussetzungen

Anspruchsgrundlage für die Pflegezeit ist § 3 des Pflegezeitgesetzes. Danach haben Beschäftigte dann einen Anspruch auf die Pflegezeit, wenn der Arbeitgeber in der Regel mindestens 16 Arbeitnehmer beschäftigt.

Der Nachweis, dass der nahe Angehörige pflegebedürftig ist, muss seitens des Beschäftigten gegenüber dem Arbeitgeber erbracht werden. Hierzu ist eine entsprechende Bescheinigung beizubringen, welche entweder die zuständige Pflegekasse oder der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) ausstellen kann. Ein ärztliches Attest ist zur Nachweisführung nicht ausreichend. Sollte der Pflegebedürftige in der privaten Pflege-Pflichtversicherung versichert sein, ist ebenfalls ein entsprechender Nachweis zu erbringen.

Möchte ein Beschäftigter die Pflegezeit in Anspruch nehmen, ist dies mindestens zehn Arbeitstage vor deren Beginn dem Arbeitgeber schriftlich mitzuteilen. Gleichzeitig muss erklärt werden, für welchen Zeitraum die Pflegezeit beansprucht werden soll. Sollte die Freistellung nur teilweise in Anspruch genommen werden, muss durch den Arbeitgeber und den Beschäftigten eine schriftliche Vereinbarung getroffen werden, wie die Verringerung der Arbeitszeit und deren Verteilung während der Pflegezeit erfolgen soll. Anzumerken ist diesbezüglich, dass es sich nicht um eine Pflegezeit im Sinne des § 3 Pflegezeitgesetzes handelt, wenn die Pflegezeit im Voraus auf einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten vereinbart wird.

Ebenfalls ist zu beachten, dass die Pflegezeit nicht „gestückelt“ werden kann. In einem Rechtsstreit hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg mit Urteil vom 31. März 2010 (Az. 20 Sa 87/09) entschieden, dass eine Aufteilung der Pflegezeit auf mehrere getrennte Zeitabschnitte nicht möglich ist. Ein Arbeitgeber hat nur eine unmittelbar an eine Pflegezeit anschließende Verlängerung – sofern die Gesamtdauer von sechs Monaten nicht überschritten wird – zu bewilligen. Hintergrund dieser Regelung ist, dass durch eine Aufteilung der Pflegezeit auf mehrere Teilzeiträume der Sonderkündigungsschutz, den ein Beschäftigter während der Inanspruchnahme einer Pflegezeit genießt, nicht beliebig ausgedehnt werden kann.

Sollte einmal eine Pflegezeit beantragt und mit dem Arbeitgeber vereinbart worden sein, kann diese grundsätzlich nicht vor dem vereinbarten Ablauf beendet werden. Hierzu ist eine ausdrückliche Zustimmung des Arbeitgebers erforderlich. Die Pflegezeit kann ausnahmsweise dann vorzeitig beendet werden, wenn die gepflegte Person verstirbt, in eine stationäre Pflegeeinrichtung aufgenommen wird oder der Pflegeperson die häusliche Pflege nicht mehr zugemutet werden kann oder unmöglich wird.

Nahe Angehörige

Als nahe Angehörige, für die sich ein Beschäftigter von der Arbeitsleistung für die Dauer von bis zu sechs Monaten befreien lassen kann, gelten folgende Personen (Verwandtschaftsgrad zu Beschäftigten): Eltern, Großeltern, Schwiegereltern, Ehegatten, Geschwister, Lebenspartner, Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft, Kinder, Enkel- und Schwiegerkinder, Adoptiv- oder Pflegekinder und die Kinder, Pflege- und Adoptivkinder des Ehegatten bzw. Lebenspartners.

Sozialversicherungsrechtliche Auswirkungen

Sofern ein Beschäftigter die Pflegezeit in Anspruch nimmt und sich vollständig von der Arbeitsleistung befreien lässt, endet mit der Inanspruchnahme der Pflegezeit auch die Sozialversicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung. Daher muss der weitere Versicherungsschutz anderweitig sichergestellt werden.

Krankenversicherung

Mit Beginn der Pflegezeit endet in der Gesetzlichen Krankenversicherung der Versicherungsschutz aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses. Diesbezüglich besteht auch der Versicherungsschutz nicht für ein weiteres Monat weiter, wie dies zum Beispiel bei der Inanspruchnahme eines unbezahlten Urlaubs der Fall ist. Das bedeutet, dass der Krankenversicherungsschutz ab dem ersten Tag der Pflegezeit anderweitig sichergestellt werden muss.

In erster Linie sollte der Krankenversicherungsschutz über eine mögliche Familienversicherung geprüft werden. Eine Familienversicherung – also eine Mitversicherung beim Ehegatten bzw. Lebenspartner – hat den Vorteil, dass dadurch keine zusätzlichen Beiträge zu entrichten sind. Allerdings müssen sämtliche Voraussetzungen für die Durchführung einer Familienversicherung erfüllt sein. So darf beispielsweise die geltende Einkommensgrenze für die Familienversicherung nicht überschritten werden.

Sollte der Versicherungsschutz über eine Familienversicherung nicht ermöglicht werden können, ist dieser über eine freiwillige Krankenversicherung abzusichern. Im Rahmen einer freiwilligen Versicherung entstehen Kosten, welche die Pflegekasse des Pflegebedürftigen übernimmt, wegen dem die Pflegezeit beansprucht wird. Allerdings kann es sein, dass die Beiträge nicht vollständig von der Pflegekasse übernommen werden. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn noch weitere Einnahmen (z. B. Miet- und Pachteinnahmen) vorhanden sind, welche bei der Beitragsbemessung für die freiwillige Krankenversicherung zu berücksichtigen sind.

Sofern die Pflegezeit nur in Form einer teilweisen Befreiung von der Arbeitsleistung beansprucht wird, besteht der Krankenversicherungsschutz aufgrund der Beschäftigung weiter. Eine Ausnahme besteht allerdings dann, wenn es sich während der Pflegezeit um eine geringfügig entlohnte Beschäftigung – um einen sogenannten Minijob – handelt.

Rentenversicherung

Pflegepersonen, welche einen Pflegebedürftigen im Sinne der Sozialen Pflegeversicherung mindestens 14 Stunden pro Woche pflegen und keine Erwerbstätigkeit von wöchentlich mehr als 30 Stunden ausüben, unterliegen der Rentenversicherungspflicht. Aufgrund dieser Rentenversicherungspflicht entrichtet die zuständige Pflegekasse daher Beiträge aufgrund der ehrenamtlichen Pflegetätigkeit. Sollte die Rentenversicherungspflicht des Beschäftigten aufgrund der Beschäftigung ausgeschlossen sein, weil die Pflegeperson mehr als 30 Stunden wöchentlich einer Erwerbstätigkeit nachgeht, kann sich aufgrund der Inanspruchnahme der Pflegezeit eine andere Situation ergeben. Bei einer vollständigen Befreiung von der Arbeitsleistung wird während der Pflegezeit keine Erwerbstätigkeit mehr ausgeübt. Auch dürfte der Pflegeaufwand wöchentlich 14 Stunden überschreiten, so dass in der Praxis während der Pflegezeit Rentenversicherungsbeiträge seitens der Pflegekasse zu entrichten sind. Nähere Auskünfte zur Rentenversicherungspflicht der Pflegepersonen geben auch registrierte Rentenberater, die unabhängig von den Versicherungsträgern arbeiten. Ebenso sind unter: Rentenversicherungspflicht von Pflegepersonen weitere Informationen zur Rentenversicherungspflicht der Pflegepersonen nachzulesen.

Arbeitslosenversicherung

Bei einer vollständigen Befreiung von der Arbeitsleistung im Rahmen der Pflegezeit, muss die zuständige Pflegekasse Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entrichten, wenn unmittelbar vor der Pflegezeit eine Versicherungspflicht in diesem Sozialversicherungszweig bestand. Als Bemessungsgrundlage für die Beitragszahlung gelten 10 Prozent der monatlichen Bezugsgröße. Damit wird gewährleistet, dass aufgrund der Inanspruchnahme der Pflegezeit eine Versicherungslücke bei der Arbeitslosenversicherung entsteht.

Entgeltausfall/Entgeltfortzahlung

Die gesetzlichen Vorschriften über die Pflegezeit sehen keinen Ersatz des durch die Pflegezeit ausgefallenen Entgelts vor. Weder der Arbeitgeber ist zur Entgeltfortzahlung verpflichtet, noch sehen die Leistungsvorschriften der Sozialen Pflegeversicherung bzw. der Gesetzlichen Krankenversicherung eine entsprechende Entgeltersatzleistung vor. Jedoch kann gegebenenfalls im Rahmen der Verhinderungspflege, auf die ein Pflegebedürftiger grundsätzlich für die Dauer von jährlich maximal 28 Tagen Anspruch hat, ein Teil des Arbeitsausfalls ersetzt werden. Beschäftigte, die die Pflegezeit in Anspruch nehmen, sollten sich diesbezüglich bei der Pflegekasse des Pflegebedürftigen erkundigen, ob ein Teil des Verdienstausfalls im Rahmen der Verhinderungspflege erstattet werden kann und einen entsprechenden Antrag stellen.

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