Krankengeld bei Erkrankung des Kindes
Müssen Versicherte wegen Erkrankung ihres Kindes der Arbeit fern bleiben, sehen die Leistungsvorschriften der Gesetzlichen Krankenversicherung (§ 45 SGB V) die Gewährung von Krankengeld bei Erkrankung des Kindes (Kinder-Krankengeld bzw. Kinderpflege-Krankengeld) vor. Sinn und Zweck der Leistung ist, dass das durch das Fernbleiben von der Arbeit entfallene Arbeitsentgelt – teilweise – wieder ersetzt wird.
Ein Anspruch auf das Kinder-Krankengeld besteht für Versicherte, die zur Betreuung, Pflege oder Beaufsichtigung ihres erkrankten und versicherten Kindes der Arbeit fern bleiben müssen. Die Erkrankung des Kindes muss über ein ärztliches Zeugnis bestätigt werden, welches der behandelnde Arzt ausstellt. Zur Gewährung von Kinder-Krankengeld ist Voraussetzung, dass das erkrankte Kind das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder behindert und auf Hilfe angewiesen ist.
Das Kinder-Krankengeld wird von der Krankenkasse ausgezahlt, bei der der Versicherte – also der anspruchsberechtigte Elternteil – versichert ist.
Kind im Sinne des Kinder-Krankengeldes
Damit eine Krankenkasse Kinder-Krankengeld leisten kann, ist eine zwingende Voraussetzung, dass das Kind in der Gesetzlichen Krankenversicherung versichert ist. Irrelevant ist hier allerdings, aufgrund welcher Rechtsgrundlage die Versicherung durchgeführt werden kann. Im Regelfall wird dies eine Familienversicherung sein, dies kann aber auch eine eigene Mitgliedschaft aufgrund eines Rentenbezugs (Waisenrente) oder eine freiwillige Versicherung sein.
Als Kinder kommen neben leiblichen Kindern auch Stiefkinder und Enkelkinder, die vom Mitglied überwiegend unterhalten werden, in Betracht. Auch Pflegekinder und Kinder, die in die Obhut des Mitglieds mit dem Ziel der Annahme aufgenommen wurden, und Stiefkinder des Lebenspartners gelten als Kinder im Sinne des Kinder-Krankengeldes.
Vollendung des 12. Lebensjahres
Eine Gewährung von Kinder-Krankengeld ist nur dann möglich, wenn das erkrankte Kind das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Sobald das Kind das 12. Lebensjahr vollendet – dies kann auch während einer aktuellen Erkrankung bzw. eines laufenden Leistungsbezugs sein – endet der Anspruch auf das Krankengeld.
Eine Ausnahme gibt es hinsichtlich der Altersgrenze bei behinderten Kindern. In diesem Fall kann das Kinder-Krankengeld auch für Kinder geleistet werden, welche behindert und auf Hilfe angewiesen sind. Dies ist dann der Fall, wenn die körperliche Funktion, die geistige Fähigkeit oder die seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit mehr als sechs Monate vom typischen Zustand, welcher für das Lebensalter typisch ist, abweicht und deswegen eine Beeinträchtigung in der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vorliegt. Das Bundessozialgericht hat in diesem Zusammenhang bereits am 31.01.1979 (Urteil mit dem Aktenzeichen: 11 RA 19/78) entschieden, dass ein Rückstand der geistigen Entwicklung, Labilität, Nervosität und Unkonzentriertheit nicht ausreichend sind, eine Behinderung im Sinne dieser Leistung zu rechtfertigen.
Im Zusammenhang mit der Aufhebung der Altersgrenze des vollendeten 12. Lebensjahres ist noch anzumerken, dass dies nur dann erfolgen kann, wenn die Behinderung zu einem Alter eingetreten ist, bis zu dem in der Gesetzlichen Krankenversicherung eine Familienversicherung begründet werden kann.
Anspruchsdauer
Grundsätzlich hat jeder Elternteil pro Kind und Kalenderjahr einen Anspruch auf Kinder-Krankengeld für die Dauer von bis zu zehn Arbeitstagen. Sind im Haushalt mehrere Kinder vorhanden, ist der Gesamtanspruch auf 25 Arbeitstage pro Jahr begrenzt.
Alleinerziehende können den Gesamtanspruch, den grundsätzlich beide Elternteile haben, auf sich vereinen. Das heißt, dass Alleinerziehende pro Kind und Kalenderjahr bis zu 20 Arbeitstage Kinder-Krankengeld beziehen können. Sofern mehrere Kinder im Haushalt leben, kann bis zu 50 Arbeitstage Kinder-Krankengeld beansprucht werden.
Die Beurteilung, ob ein Versicherter als allein erziehend anzusehen ist, ist nach den tatsächlichen Verhältnissen vorzunehmen. Faktisch allein stehende Versicherte sind damit schon als allein erziehend zu betrachten. Es wird nicht gefordert, dass ein Elternteil auch dass alleinige Sorgerecht inne hat.
Sofern ein Elternteil den Höchstanspruch auf das Kinder-Krankengeld für ein Kalenderjahr bereits ausgeschöpft hat, wird oftmals in der Praxis gewünscht, den Anspruch des anderen Elternteils zu übertragen. Dies kommt beispielsweise dann in Frage, wenn der andere Elternteil der Arbeit nicht fern bleiben kann. Grundsätzlich kann ein Anspruch auf das Kinder-Krankengeld von einen auf den anderen Elternteil übertragen werden. Hierzu ist jedoch erforderlich, dass der Arbeitgeber des Elternteils, der den Anspruch zusätzlich realisieren möchte, dem Freistellungsanspruch nochmals gegen sich gelten lässt.
In die Höchstbezugsdauer werden Tage, für die nur teilweise – z. B. nur für den Vormittag oder nur für den Nachmittag – Kinder-Krankengeld gewährt wird, nicht mit eingerechnet.
Anspruchstage in den Jahren 2024 und 2025
Für die Kalenderjahre 2024 und 2025 wurden die Anspruchstage auf das Kinder-Krankengeld erhöht.
Versicherte können in den Kalenderjahren 2024 und 2025 das Kinder-Krankengeld pro Jahr für maximal 15 Arbeitstage je Kind in Anspruch nehmen. Sofern mehrere Kinder erzogen werden, kann das Kinder-Krankengeld für insgesamt maximal 35 Arbeitstage beansprucht werden. Für Alleinerziehende besteht jeweils der doppelte Anspruch, also für maximal 30 Arbeitstage je Kind, insgesamt für maximal 70 Arbeitstage.
Ausnahme für schwerstkranke Kinder
Bei der Höchstbezugsdauer gibt es seit dem 01. August 2002 eine Ausnahme, im Rahmen derer ein Anspruch auf Kinder-Krankengeld über die 20 Arbeitstage für ein Kind besteht. Durch diese Ausnahmeregelung kann für schwerstkranke Kinder ohne zeitliche Begrenzung Kinder-Krankengeld geleistet werden. Voraussetzung hierfür ist, dass das Kind an einer Erkrankung – welche ärztlich bescheinigt werden muss – leidet, die
- unaufhaltsam verschlimmernd und fortschreitend (progredient) verläuft und die bereits ein fortgeschrittenes Stadium erreicht hat,
- eine schmerzlindernde und beschwerdelindernde (palliativ-medizinische) Behandlung erforderlich ist bzw. von einem Elternteil gewünscht wird und zugleich eine Heilung ausgeschlossen ist und
- nur noch eine begrenzte Lebenserwartung von Wochen oder wenigen Monaten zu erwarten ist.
Anzumerken ist diesbezüglich, dass sich die Ausnahme nur auf den Höchstanspruch bezieht. Die Altersgrenze vom vollendeten 12. Lebensjahr, bis zu der Kinder-Krankengeld gezahlt werden kann, wird durch diese Ausnahmeregelung nicht aufgehoben.
Sonderregelung für die Jahre 2020 bis 2022
Für das Kalenderjahr 2020 wurde hinsichtlich der Anspruchsdauer auf das Kinder-Krankengeld eine Sonderregelung geschaffen. Aufgrund der Folgen der Corona-Pandemie wurde die Anspruchsdauer ausgedehnt. So besteht im Jahr 2020 der Anspruch auf das Kinder-Krankengeld für jedes Kind für längstens 15 Arbeitstage (für Alleinerziehende für längstens 30 Arbeitstage). Sofern mehrere Kinder erzogen werden, ist der Gesamtanspruch auf das Kinder-Krankengeld auf 35 Arbeitstage (für Alleinerziehende auf 70 Arbeitstage) begrenzt.
Auch das Kalenderjahr 2021 wurde die Anspruchsdauer aufgrund der weiterhin anhaltenden Corona-Pandemie deutlich ausgeweitet. So besteht im Jahr 2021 der Anspruch auf das Kinder-Krankengeld für jedes Kind für längstens 30 Arbeitstage (für Alleinerziehende für längstens 60 Arbeitstage). Sofern mehrere Kinder erzogen werden, ist der Gesamtanspruch auf das Kinder-Krankengeld auf 65 Arbeitstage (für Alleinerziehende auf 130 Arbeitstage) begrenzt. Die erweiterte Anspruchsdauer, welche im Kalenderjahr 2021 gegolten hat, wurde aufgrund der weiter andauernden Corona-Pandemie auch auf das Kalenderjahr 2022 übertragen.
Berechnung des Kinder-Krankengeldes
Die Berechnung des Kinder-Krankengeldes wurde ab Januar 2015 neu geregelt. Das Kinder-Krankengeld wird seit dem 01.01.2015 nach dem ausgefallenen Netto-Arbeitsentgelt berechnet und beträgt grundsätzlich hiervon 90 Prozent. Wurde in den letzten zwölf Monaten von dem Versicherten beitragspflichtiges einmalig gezahltes Arbeitsentgelt bezogen (z. B. Urlaubsgeld, Weihnachtsgratifikation), wird das Kinder-Krankengeld in Höhe von 100 Prozent des ausgefallenen Netto-Arbeitsentgelts geleistet. Die Höhe der bezogenen Einmalzahlungen ist dabei irrelevant.
Das Krankengeld wird maximal in Höhe von 70 Prozent der geltenden Beitragsbemessungsgrenze geleistet. Dies sind im Jahr 2024 120,75 Euro.
Berechnungsweise bis Dezember 2014
Das Kinder-Krankengeld wurde bis Dezember 2014 danach berechnet, wie das Arbeitsentgelt bemessen war. Bei Versicherten, deren Arbeitsentgelt nach Monaten bemessen war, erfolgte die Berechnung in Anlehnung der Verfahrensweise, wie diese der Arbeitgeber praktiziert. Das bedeutet, dass das Arbeitsentgelt des Bemessungszeitraums – grundsätzlich der letzte abgerechnete Entgeltabrechnungszeitraum vor Beginn der Erkrankung des Kindes – durch 30 geteilt wurde, wenn der Arbeitgeber ohne Rücksicht auf die tatsächlichen Tage des Monats immer durch 30 teilt. Wurde seitens des Arbeitgebers für die Berechnung eines Teilmonats das erzielte Arbeitsentgelt durch die tatsächliche Anzahl der Kalendertage geteilt, wurde auch zur Berechnung des Kinder-Krankengeldes das Arbeitsentgelt des Bemessungszeitraums durch die tatsächlichen Kalendertage geteilt.
In den Fällen, in denen das Arbeitsentgelt nicht nach Monaten bemessen war, wurde das im Bemessungszeitraum erzielte Arbeitsentgelt durch die Anzahl der Arbeitstage geteilt, in denen dieses erzielt/erarbeitet wurde.
Hatte der Versicherte, der von der Arbeit wegen Erkrankung des Kindes fern bleibt, in den letzten zwölf Monaten beitragspflichtige Einmalzahlungen (z. B. Urlaubs- oder Weihnachtsgeld) erhalten, wurden diese bei der Berechnung des Regelentgeltes ebenfalls berücksichtigt.
Das Kinder-Krankengeld betrug grundsätzlich 70 Prozent des – wie oben beschrieben – berechneten Regelentgeltes. Das berechnete Regelentgelt wurde zuvor gegebenenfalls auf das Höchst-Regelentgelt gekürzt.
Da das Kinder-Krankengeld maximal 90 Prozent des Netto-Arbeitsentgeltes betrug, war diesbezüglich nochmals eine Vergleichsberechnung vorzunehmen. Der geringere Betrag (70 Prozent des Regelentgeltes bzw. 90 Prozent des Netto-Arbeitsentgeltes) ergab dann den kalendertäglichen Brutto-Krankengeldbetrag.
Kinder-Krankengeld bei Mitaufnahme zu stationärer Behandlung
Durch gesetzliche Änderungen, welche mit dem Pflegestudiumstärkungsgesetz (PflStudStG) umgesetzt wurden, wurde für die Zeit ab dem 01.01.2024 ein Anspruch auf Kinder-Krankengeld eingeführt, wenn Versicherte ihr Kind zu einer stationären Behandlung begleiten und in der stationären Einrichtung mit aufgenommen werden. Damit der Anspruch auf das Kinder-Krankengeld realisiert werden kann, muss die stationäre Mitaufnahme aus medizinischen Gründen erforderlich sein.
Der Anspruch auf das Kinder-Krankengeld bei einer Mitaufnahme besteht, wenn das Kind das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Diese Altersgrenze bzw. Altersbeschränkung gilt nicht, wenn das Kind behindert und auf Hilfe angewiesen ist.
Wird das Kinder-Krankengeld aufgrund einer Mitaufnahme zu einer stationären Behandlung beansprucht, werden diese Leistungstage nicht auf die Höchstanspruchsdauer angerechnet, welche es für die häusliche Betreuung des erkrankten Kindes gibt.
Für die Gewährung des Kinder-Krankengeldes bei Mitaufnahme zu einer stationären Behandlung des Kindes ist die Krankenkasse zuständig, bei der die Begleitperson versichert ist.
Beiträge
Vom Brutto-Krankengeld sind noch Beiträge zur Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung zu entrichten. Der Versicherte trägt aus dem Brutto-Krankengeld jeweils den halben Beitragssatz zu den genannten Sozialversicherungszweigen an Beiträgen selbst. Da die Gesamtbeiträge aus 80 Prozent des ausgefallenen laufenden Brutto-Arbeitsentgelts zu berechnen sind, trägt die leistungspflichtige Krankenkasse die Differenzbeiträge. Dies bedeutet, dass auch während des Bezugs von Kinder-Krankengeld grundsätzlich Rentenversicherungsbeiträge in Höhe von 80 Prozent des Regelentgeltes entrichtet werden und dadurch die spätere Rente erhöht wird bzw. Lücken im Rentenversicherungskonto vermieden werden.
Ruhenstage
Leistet der Arbeitgeber wegen Erkrankung eines Kindes für eine bestimmte Anzahl an Arbeitstagen das Entgelt weiter, ruht für diese Tage der Anspruch auf das Kinder-Krankengeld. Die Ruhenstage werden jedoch bei der Höchstanspruchsdauer angerechnet. Ein Arbeitgeber ist grundsätzlich zur Entgeltleistung verpflichtet, wenn ein Arbeitnehmer wegen Erkrankung des Kindes der Arbeit fern bleiben muss. Dieser Anspruch kann jedoch abbedungen werden. Das heißt, dass der Anspruch z. B. durch Tarifvertrag ausgeschlossen oder auf eine bestimmte Anzahl an Kalendertagen reduziert werden kann.