Individueller Anspruch für Pflegebedürftige

Seit dem 01.01.2017 haben Pflegebedürftige einen individuellen Anspruch auf zusätzliche Betreuung und Aktivierung in stationären Pflegeeinrichtungen. Bis zum Jahr 2016 wurde die Leistung im Rahmen eines Vergütungsanspruchs von den Pflegekassen geleistet. Aufgrund der Pflegereform (Zweites Pflegestärkungsgesetz), im Rahmen derer ab dem Jahr 2017 unter anderem der Begriff der Pflegebedürftigkeit neu definiert und Pflegegrade eingeführt wurden, wurde auch der Rechtsanspruch auf die zusätzliche Betreuung und Aktivierung in stationären Einrichtungen neu geregelt.

Bis 2016 vergütungsrechtliche Regelung

Bis zum Jahr 2016 hatten die stationären Pflegeeinrichtungen einen Anspruch auf eine vergütungsrechtliche Regelung, welche den Anspruch auf die zusätzliche Betreuung und Aktivierung der Versicherten in stationären Pflegeeinrichtungen regelte. Die Rechtsgrundlage hierfür war § 87b SGB XI. Dies hatte zur Folge, dass erst mit der Zahlung des Vergütungszuschlags der Versicherte den Anspruch auf die Erbringung der Leistung gegenüber der Pflegeeinrichtung hatte.

Da aufgrund der Neuregelungen des Pflegeversicherungsrechts Versicherte mit körperlichen, kognitiven und psychischen Beeinträchtigungen ab dem Jahr 2017 einen gleichen Zugang zu den Pflegeleistungen haben, war grundsätzlich keine Notwendigkeit mehr gegeben, den bisher gesonderten Anspruch auf die zusätzliche Betreuung und Aktivierung in den stationären Einrichtungen aufrecht zu erhalten. Da allerdings die zusätzliche Betreuung und Aktivierung weiterhin erfolgen muss, wofür laut Pflegestatistik des Jahres 2013 etwa 28.000 zusätzliche Betreuungskräfte eingestellt wurden, hat der Gesetzgeber den Anspruch in einer eigenständigen Rechtsvorschrift (§ 43b SGB XI) für die Zeit ab 01.01.2017 gesetzlich geregelt. Die bisherige Rechtsvorschrift des § 87b SGB XI wurde mit dem 31.12.2016 aufgehoben.

Anspruch in stationären Einrichtungen

Der Anspruch auf die zusätzliche Betreuung und Aktivierung besteht in allen stationären Pflegeeinrichtungen. Hierzu gehören neben den vollstationären Pflegeeinrichtungen auch die Einrichtungen der Kurzzeitpflege und die Einrichtungen der Tages- und Nachtpflege (teilstationäre Pflegeeinrichtungen).

Voraussetzungen für die Gewährung der zusätzlichen Betreuungsleistungen nach § 43b SGB XI ist, dass für den Versicherten ein Pflegegrad bestätigt wurde. Es muss also einer der Pflegegrade 1 bis 5 festgestellt worden sein und auch alle weiteren Voraussetzungen für den Leistungsbezug von Leistungen aus der Sozialen Pflegeversicherung (z. B. Erfüllung der Vorversicherungszeit) erfüllt werden. Speziell ist hier anzumerken, dass die zusätzliche Betreuung und Aktivierung auch für Versicherte im Pflegegrad 1 gewährt werden. Diese Versicherten, bei denen nur geringe Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit und der Fähigkeiten vorliegen, haben lediglich einen eingeschränkten Anspruch auf Pflegeleistungen; zu diesem Leistungsanspruch gehören jedoch unter anderem die zusätzlichen Betreuungsleistungen in stationären Einrichtungen.

Die stationären Einrichtungen müssen ab dem 01.01.2017 ein entsprechendes Angebot an zusätzlicher Betreuung und Aktivierung vorhalten und die Versicherten sowohl bei den Vertragsverhandlungen als auch beim Vertragsabschluss nachweisbar auf dieses Angebot hinweisen.

Für Versicherte, für die in einer stationären Einrichtungen bereits bis zum 31.12.2016 der Vergütungszuschlag (nach § 87b SGB XI) geleistet wurde, müssen ab 2017 keinen gesonderten Antrag stellen. Pflegebedürftige, die jedoch für die Zeit ab 01.01.2017 einen Antrag auf stationäre Pflegeleistungen stellen, müssen bzw. können den Antrag auf die die zusätzliche Betreuung und Aktivierung gesondert stellen.

Besonderheit Kurzzeitpflege

Der Anspruch auf die zusätzliche Betreuung und Aktivierung besteht nicht nur, wenn für die Finanzierung des Aufenthaltes in der Kurzzeitpflegeeinrichtung die Leistung „Kurzzeitpflege“ beansprucht wird. Es besteht auch die Möglichkeit, Leistungsansprüche aus der Verhinderungspflege für die Kurzzeitpflege einzusetzen. Sollte dies erfolgen, besteht ebenfalls ein Anspruch auf die zusätzlichen Betreuungsleistungen. Ein Anspruch besteht sogar in den Fällen, in denen ein Versicherter (weil z. B. die Leistungsansprüche auf Kurzzeit- und Verhinderungspflege ausgeschöpft sind) die Finanzierung der Kurzzeitpflege mit dem Pflegegeld oder aus eigenen finanziellen Mitteln sicherstellt.

Besonderheit Entlastungsbetrag im ambulanten Bereich

Besteht in einer Einrichtung der Kurzzeitpflege und in einer Einrichtung der Tages- oder Nachtpflege auch ein Anspruch auf den Entlastungsbetrag (nach § 45b SGB XI) – dieser beträgt ab dem Jahr 2025 monatlich 131,00 Euro (in den Jahren 2017 bis 2024: 125,00 Euro) – besteht parallel auch ein Anspruch auf die zusätzliche Betreuung und Aktivierung in der stationären Einrichtung.

Besonderheit Beihilfeempfänger

Für Beihilfeempfänger besteht gegenüber der Sozialen Pflegeversicherung nur ein Anspruch auf die Pflegeleistungen in halber Höhe. Damit werden die Leistungsbeträge für die zusätzliche Betreuung und Aktivierung in stationären Einrichtungen für die Versicherten ebenfalls „nur“ zur Hälfte geleistet.

Entfall des Anspruchs auf Vergütungszuschlag

Bis zum Jahr 2016 hatten auch Versicherte in stationären Einrichtungen einen Anspruch auf den Vergütungszuschlag, wenn weder die Pflegestufe I noch eine eingeschränkte Alltagskompetenz bestätigt werden konnte. Ausreichend war bereits ein grundpflegerischer Hilfebedarf von täglich einer Minute. Diese Versicherten wurden zum 01.01.2017 in keinen Pflegegrad überführt, weshalb ab dem Jahr 2017 auch keine Pflegeleistungen realisiert werden können. Aufgrund der Neuregelungen in der Sozialen Pflegeversicherung entfällt für diese Versicherten auch der Anspruch auf die zusätzlichen Betreuungsleistungen.

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