Vollstationäre Pflegeleistungen nach § 43 SGB XI

§ 43 Elftes Buch Sozialgesetzbuch – SGB XI – sieht für Pflegebedürftige einen Anspruch auf vollstationäre Pflegeleistungen vor. Voraussetzung hierfür ist, dass für den Versicherten ein Pflegegrad bestätigt wurde. Darüber hinaus wird durch § 43 Abs. 1 SGB XI gefordert, dass die häusliche oder teilstationäre Pflege nicht möglich ist oder aufgrund Besonderheiten im Einzelfall nicht in Betracht kommt.

Ziffer 4.4 Pflegebedürftigkeits-Richtlinien

Nach Ziffer 4.4 der Richtlinien der Spitzenverbände der Pflegekassen über die Abgrenzung der Merkmale der Pflegebedürftigkeit sowie zum Verfahren der Feststellung der Pflegebedürftigkeit, kurz: Pflegebedürftigkeits-Richtlinien – PflRi – muss die Pflegekasse prüfen, ob die häusliche oder teilstationäre Pflege grundsätzlich nicht möglich ist. In diesem Fall können die stationären Pflegeleistungen – wenn die weiteren Voraussetzungen hierfür vorliegen – gewährt werden. Die häusliche und teilstationäre Pflege ist insbesondere dann nicht möglich, wenn:

  • eine Pflegeperson fehlt,
  • Pflegepersonen grundsätzlich vorhanden sind, diese jedoch nicht bereit sind, die Pflege zu übernehmen,
  • bei vorhandenen Pflegepersonen eine Überforderung droht bzw. die Überforderung bereits eingetreten ist,
  • beim Pflegebedürftigen Selbst- und Fremdgefährdungstendenzen bestehen,
  • die häusliche Pflege aufgrund der räumlichen Gegebenheiten nicht möglich ist und diese auch nicht durch Maßnahmen der Wohnumfeldverbesserung nach § 40 Abs. 4 SGB XI geschaffen werden können.

Leistungshöhe

Die Pflegekassen zahlen bei einem Anspruch auf vollstationäre Pflegeleistungen ab Januar 2017 die folgenden Leistungsbeträge:

  • Pflegegrad 1: 125,00 Euro *
  • Pflegegrad 2: 770,00 Euro
  • Pflegegrad 3: 1.262,00 Euro
  • Pflegegrad 4: 1.775,00 Euro
  • Pflegegrad 5: 2.005,00 Euro

* Auch für Versicherte in Pflegegrad 1 werden vollstationäre Pflegeleistungen erbracht. Hierfür wird ein Betrag von monatlich 125,00 Euro geleistet. Dieser Betrag wird allerdings nicht als Sachleistungsbetrag zur Verfügung gestellt, sondern im Rahmen der Kostenerstattung. Damit erhalten Pflegebedürftige, die dem Pflegegrad 1 zugeordnet sind, den gleichen Leistungsbetrag wie bei der ambulanten Pflege.

Mit den Leistungsbeträgen werden sowohl die pflegebedingten Aufwendungen und die Aufwendungen für die Betreuung als auch für die medizinische Behandlungspflege pauschaliert übernommen.

Die Pflegekassen zahlen den jeweiligen Leistungsbetrag direkt an das Pflegeheim mit befreiender Wirkung. Die Fälligkeit ist jeweils am 15. des laufenden Monats.

Einrichtungseinheitlicher Eigenanteil

Ab dem 01.01.2017 gibt es für die Pflegebedürftigen in vollstationären Pflegeeinrichtungen einen sogenannten einrichtungseinheitlichen Eigenanteil (EEE). Dieser Eigenanteil ist zwar bei den einzelnen Pflegeeinrichtungen unterschiedlich. Innerhalb einer Pflegeeinrichtung ist der Eigenanteil allerdings bei den Pflegegraden 2 bis 5 identisch. Der einrichtungseinheitliche Eigenanteil ist der Teil der Kosten, welcher von der Kostenübernahme durch die Pflegekasse nicht gedeckt ist.

Durch den einrichtungseinheitlichen Eigenanteil wird erreicht, dass dem Pflegebedürftigen mit steigendem Pflegegrad nicht auch steigende Eigenanteile entstehen. In der Vergangenheit haben Pflegebedürftige von der Stellung von Höherstufungsanträge abgesehen, weil bei Bestätigung eines höheren Hilfebedarfs analog die finanzielle Belastung zugenommen hat. Dies soll durch den EEE ab dem Jahr 2017 vermieden werden.

Neben dem einrichtungseinheitlichen Eigenanteil müssen seitens der Heimbewohner – bzw. des Sozialhilfeträgers – auch noch die sogenannten Hotelkosten (Kosten für Unterkunft und Verpflegung) und die Investitionskosten übernommen werden.

Abwesenheitszeiten

Ist ein Pflegebedürftiger vorübergehend abwesend, muss der Pflegeplatz für die Dauer von bis zu 42 Kalendertagen pro Kalenderjahr freigehalten werden. Im Falle einer stationären Krankenhausbehandlung oder Rehabilitationsmaßnahme verlängert sich der Zeitraum, für den der Pflegeplatz freigehalten werden muss, um die Dauer dieser Aufenthalte.

Für die ersten drei Abwesenheitstage hat eine vollstationäre Pflegeeinrichtung den Anspruch auf die volle Vergütung. Dauert die Abwesenheit länger, müssen mit den Rahmenverträgen mindestens 25 Prozent Abschlag (bei der Pflegevergütung und den Entgelten für Unterkunft und Verpflegung und für die Zuschläge der integrierten Versorgung) vorgesehen werden.

Begeben sich Pflegebedürftige in ein nicht zugelassenes Pflegeheim, können hierfür nicht die Leistungssätze der vollstationären Pflege gewährt werden. In diesen Fällen sehen die gesetzlichen Vorschriften die Gewährung der ambulanten Sachleistungswerte – also die Leistungsbeträge, die eine Sozialstation bei Erbringung der häuslichen Pflege abrechnen kann – vor. Diese betragen in der Zeit ab 01.01.2017

  • im Pflegegrad 1: 125,00 Euro
  • im Pflegegrad 2: 689,00 Euro
  • im Pflegegrad 3: 1.298,00 Euro
  • im Pflegegrad 4: 1.612,00 Euro
  • im Pflegegrad 5: 1.995,00 Euro

Die Leistungsbeträge werden geleistet, wenn entweder die Pflege von einem zugelassenen Pflegedienst erbracht wird oder die stationäre Einrichtung selbst einen ambulanten Pflegedienst betreibt. Ansonsten kann der Pflegebedürftige Pflegegeld für die selbst sichergestellte Pflege erhalten.

Zusätzliche Betreuung und Aktivierung

Ab dem 01.01.2017 haben Versicherte einen individuellen Rechtsanspruch auf zusätzliche Betreuung und Aktivierung in stationären Pflegeeinrichtungen. Der Anspruch besteht in vollstationären Pflegeeinrichtungen, aber auch in Einrichtungen der Kurzzeitpflege und der Tages- und Nachtpflege und wird neben den o. g. Leistungsbeträge geleistet. Die Rechtsgrundlage für den Anspruch auf die zusätzliche Betreuung und Aktivierung in stationären Einrichtungen ist § 43b SGB XI.

Sofern die Pflegekasse bereits einen Vergütungszuschlag (nach § 87b SGB XI) nach dem bis 31.12.2016 geltenden Recht geleistet hat, muss ab Januar 2017 kein gesonderter Antrag auf den Vergütungszuschlag gestellt werden.

Bis 31.12.2016 wurde der Vergütungszuschlag auch für Versicherte geleistet, für die keine Pflegebedürftigkeit im Sinne des SGB XI vorlag (ausreichend war eine Minute Hilfebedarf in der Grundpflege). Dieser Personenkreis hat ab Januar 2017 keinen Anspruch mehr auf die zusätzlichen Betreuungs- und Aktivierungsleistungen nach § 43b SGB XI.

Die vollstationären Pflegeeinrichtungen sind verpflichtet, den Versicherten auf das Angebot der zusätzlichen Betreuungs- und Aktivierungsleistungen im Rahmen der Vertragsabschlüsse hinzuweisen.

Bonuszahlung für Pflegeeinrichtung

Sofern eine Pflegeeinrichtung aktivierende oder rehabilitative Maßnahmen anbietet und ein pflegebedürftiger Heimbewohner nachweislich daran teilnimmt, kann die Einrichtung eine Bonuszahlung in Höhe von 2.952,00 Euro beantragen, wenn eine Einstufung in einen niedrigeren Pflegegrad erfolgen kann oder wenn der Versicherte gar nicht mehr pflegebedürftig im Sinne des Elften Buches Sozialgesetzbuch ist.

Nimmt der Pflegebedürftige an rehabilitativen Maßnahmen außerhalb der Sphäre der vollstationären Einrichtung teil, dann im Falle einer Rückstufung in einen niedrigeren Pflegegrad oder einer vollständigen Ausstufung die Bonuszahlung nicht geltend gemacht werden.

Sollte eine Bonuszahlung geleistet werden und der Pflegebedürftige wird innerhalb von sechs Monaten wieder pflegebedürftig oder einem höheren Pflegegrad zugeordnet, muss die Bonuszahlung wieder von der Pflegeeinrichtung zurückgezahlt werden.

Pflegebedürftige, die zum 01.01.2017 von einer Pflegestufe in einen Pflegegrad überführt wurden, werden aufgrund der Besitzstandsregelungen nicht mehr zurückgestuft. Für diese Versicherten können die Vorschriften der Bonuszahlung, die in § 87b Abs. 4 SGB XI geregelt sind, nicht zur Anwendung kommen.

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