Eine neue abschlagsfreie Altersrente ab 2012

Die „Altersrente für besonders langjährig Versicherte“ wurde ab dem Jahr 2012 eingeführt. Dabei handelt es sich um eine weitere Altersrente, welche in den Leistungskatalog der Gesetzlichen Rentenversicherung aufgenommen wurde. Interessant ist diese Altersrente deshalb, da diese vorzeitig – also vor Erreichen der Regelaltersgrenze – abschlagsfrei beansprucht werden kann.

Hintergrund

Der Gesetzgeber bestimmt durch das RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz, dass die Regelaltersgrenze ab dem Jahr 2012 schrittweise vom vollendeten 65. Lebensjahr auf das vollendete 67. Lebensjahr angehoben wird. Betroffen von der Anhebung sind alle Versicherten, die nach dem 31.12.1946 geboren wurden. Für Versicherte, die 1964 oder später geboren wurden, gilt dann die Regelaltersgrenze von 67 Jahren. Welche Regelaltersgrenze für Versicherte der Geburtsjahrgänge 1947 bis 1963 gilt, kann unter Regelaltersrente nachgelesen werden.

Mit der Einführung der Altersrente für besonders langjährig Versicherte besteht die Möglichkeit, unabhängig davon, welche Regelaltersgrenze gilt, eine abschlagsfreie Altersrente bereits ab dem vollendeten 65. Lebensjahr zu beanspruchen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass von den Rentenversicherten – wie der Name der Altersrente bereits ausdrückt – eine besonders lange Vorversicherungszeit (Wartezeit) nachgewiesen werden kann.

Absenken der Altersgrenze auf das 63. Lebensjahr

Ab Juli 2014 wurde im Rahmen des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes für bestimmte Geburtsjahrgänge die Altersgrenze für die Inanspruchnahme der Altersrente für besonders langjährig Versicherte bis auf das vollendete 63. Lebensjahr abgesenkt. Versicherte der Geburtsjahrgänge bis 1952 können diese besondere Altersrente nun bereits ab dem vollendeten 63. Lebensjahr beanspruchen. Für die Versicherten der Geburtsjahrgänge ab 1953 wird die Altersgrenze dann wieder schrittweise angehoben, sodass diese für die Versicherten der Geburtsjahrgänge ab 1964 dann (wieder) beim vollendeten 65. Lebensjahr liegt. Der folgenden Übersicht kann entnommen werden, welche Altersgrenze für welchen Geburtsjahrgang gilt:

Geburtsjahrgang des Versicherten Anhebung der Altersgrenze um ... Monate

         auf das Alter

   Jahre         Monat

bis 1952 0 63 0
1953 2 63 2
1954 4 63 4
1955 6 63 6
1956 8 63 8
1957 10 63 10
1958 12 64 0
1959 14 64 2
1960 16 64 4
1961 18 64 6
1962 20 64 8
1963 22 64 10
ab 1964 24 65 0

Anspruchsvoraussetzungen

Die Anspruchsvoraussetzungen für die Altersrente für besonders langjährig Versicherte sind, dass seitens des Versicherten das 65. Lebensjahr (für die Geburtsjahrgänge vor 1964 gibt es ab Juli 2014 die o. g. Sonderregelungen) vollendet wird und gleichzeitig eine Wartezeit (Mindest-Vorversicherungszeit) von 45 Jahren (bzw. 540 Monaten) erfüllt wird.

Vorversicherungszeit

Auf die extrem lange Vorversicherungszeit, welche für einen Anspruch auf die Altersrente für langjährig Versicherte erfüllt werden muss, werden nicht alle rentenrechtlichen Zeiten angerechnet. Anzurechnen auf die Wartezeit für diese Altersrente werden Kalendermonate mit Pflichtbeitragszeiten, mit Ersatzzeiten, Zeiten, welche aufgrund einer geringfügigen rentenversicherungsfreien Beschäftigung berechnet werden, Berücksichtigungszeiten und Zeiten der Erziehung eines Kindes bis zu dessen 10. Lebensjahr.

Als Pflichtbeitragszeiten werden ausschließlich die Monate angerechnet, für die Beiträge aufgrund einer Beschäftigung oder Tätigkeit geleistet werden. Darunter fallen die Zeiten einer versicherten Beschäftigung, einer Pflegetätigkeit oder einer selbstständigen Tätigkeit. Unberücksichtigt bleiben Pflichtbeitragszeiten, welche aufgrund eines Bezugs von Arbeitslosenhilfe oder Arbeitslosengeld II vorhanden sind. Ebenfalls werden rentenrechtliche Zeiten, die aus einem durchgeführten Versorgungsausgleich oder aus einem Rentensplitting unter Ehegatten/Lebenspartnern stammen, nicht berücksichtigt.

Da eine ganze Reihe an rentenrechtlichen Zeiten bei der Wartezeit für die Altersrente für besonders langjährig Versicherte nicht berücksichtigt werden können, kann ein Anspruch auf diese Altersrente ausgeschlossen sein, obwohl insgesamt 45 Jahre rentenrechtliche Zeiten vorhanden sind!

Verbesserungen ab Juli 2014

Durch das RV-Leistungsverbesserungsgesetz können ab Juli 2014 weitere rentenrechtliche Zeiten bei der Wartezeit für die Altersrente für besonders langjährig Versicherte berücksichtigt werden, welche bislang nicht angerechnet werden durften. Dies sind die freiwilligen Versicherungszeiten. Hier darf nun eine Anrechnung erfolgen, sofern mindestens 18 Jahre an Pflichtbeitragszeiten vorhanden sind.

Ebenfalls können ab Juli 2014 die Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld I (früheres Unterhaltsgeld) berücksichtigt werden. Eine Ausnahmeregelung gibt es mit dem sogenannten „rollierenden Stichtag“; dieser besagt, dass grundsätzlich Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld I in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn bei der Wartezeit keine Berücksichtigung finden dürfen. Sollte die Arbeitslosigkeit allerdings aufgrund einer vollständigen Geschäftsaufgabe oder einer Insolvenz des Arbeitgebers entstanden sein, können die Bezugszeiten von Arbeitslosengeld I auch dann auf die Wartezeit angerechnet werden, wenn diese innerhalb der letzten zwei Jahre vor Rentenbeginn liegen. Ebenfalls können Zeiten des Bezugs von anderen Versicherungszeiten, die entgangenes Entgelt ersetzen, angerechnet werden.

Urteil LSG Baden-Württemberg, L 9 R 695/16

Zur „Rente mit 63“ hat am 21.06.2016 das Landessozialgericht Baden-Württemberg unter dem Aktenzeichen L 9 R 695/16 ein Urteil gesprochen. In dem vom 9. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg zu entscheidenden Fall ging es darum, ob es gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstößt, dass die letzten zwei Jahre vor Rentenbeginn grundsätzlich nicht auf die Wartezeit von 540 Monaten angerechnet werden, wenn hier Zeiten des Arbeitslosengeldbezugs vorliegen.

Zu dem sozialgerichtlichen Streitfall kam es, weil ein im August 1951 geborener Versicherter geklagt hatte. Er war bis Dezember 2011 beschäftigt, bezog dann von Januar 2012 bis Dezember 2013 für zwei Jahre Arbeitslosengeld und hatte schließlich ab September 2014 die „Altersrente für besonders langjährig Versicherte“ beantragt. Die Anspruchsvoraussetzungen konnte die zuständige Rentenkasse jedoch nicht bestätigen, da für die erforderliche Wartezeit von 540 Monaten noch 15 Monate fehlten. Die Zeit des Arbeitslosengeldbezugs in den Jahren 2012 und 2013 wurde auf die Wartezeit nicht angerechnet, da die Arbeitslosigkeit nicht aufgrund eines vom Gesetzgeber vorgesehenen Ausnahmetatbestandes (vollständige Geschäftsaufgabe oder Insolvenz des Arbeitgebers) verursacht wurde. Anstelle der beantragten „Rente für besonders langjährig Versicherte“ bewilligte die Rentenkasse die niedrigere „Altersrente wegen Arbeitslosigkeit“.

Das Landessozialgericht Baden-Württemberg stellte fest, dass die Regelungen hinsichtlich der Anrechenbarkeit bzw. Nicht-Anrechenbarkeit von Zeiten des Arbeitslosengeldbezugs in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn (rollierender Stichtag) verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sind. Mit diesen Regelungen möchte der Gesetzgeber Fehlanreize und eine faktische „Rente mit 61“ vermeiden. Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung des Rechtsstreits wurde die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen.

Hinweis

Sofern aufgrund unzureichender Vorversicherungszeit ab Vollendung des 65. Lebensjahres kein Anspruch auf die Altersrente für besonders langjährig Versicherte besteht, kann dennoch eine Altersrente vor Erreichen der Regelaltersgrenze beansprucht werden. Hier kommt beispielsweise die Altersrente für langjährig Versicherte in Betracht. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass hier pro Monat der vorzeitigen Inanspruchnahme ein Rentenabschlag in Höhe von 0,3 Prozent in Kauf genommen werden muss.

In welchem Umfang sich eine vorzeitige Inanspruchnahme einer Altersrente individuell auswirkt, können registrierte Rentenberater berechnen. Registrierte Rentenberater sind Experten im Rentenversicherungsrecht und beraten unabhängig von den Versicherungsträgern. Kontaktieren Sie daher mit Ihrem (Renten-)Anliegen den Rentenberater Helmut Göpfert, der die Leistungsansprüche auch in Widerspruchs- und Klageverfahren (Sozial- und Landessozialgerichte) durchsetzen kann.

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